Zur Vertiefung der Belichtungspraxis, die wir in dem Kurs „Licht und Belichtung“ kennengelernt haben, haben wir uns nun schon zweimal in der Neigungsgruppe im SNE getroffen und praktisch geübt. Ich will das hier zur Vertiefung weiter zusammen fassen. Ziel der Ãœbungen ist, die verschiedenen Messmethoden (Multi Segment, Spot, …) für die Belichtung noch besser kennenzulernen und dann der Belichtungssituation vor Ort entsprechend korrekt zu wählen und wenn nötig notwendige Anpassungen vorzunehmen zu können.
Unser wichtigstes Werkzeug zur Beurteilung ist das Histogramm in der Kamera. Weil dieses aber nur auf der Basis eines jpeg Bildes basiert, verwenden wir am PC zur Analyse den RawDigger, der uns das wahre Raw Histogramm anzeigt.
Perfekte Belichtung
Am ersten Abend hatten wir einige Beispiele von mir angesehen und besprochen. Ich werde zwei typische davon hier zeigen, um die vom RawDigger angezeigten Werte besser verstehen zu lernen.
Die Aufnahme entstand am frühen Morgen. Die Sonne schiebt sich gerade über den Rand des Horizontes. An der Kamera hatte ich gerade auf den „Highlight“ Modus umgeschaltet (wird in den Metadaten als „other“ angezeigt). Diesen Modus nehme ich seit einiger Zeit immer, wenn ich die Sonne direkt im Bild habe. Die Belichtung ist perfekt gelungen; nur wenige Pixel sind über der Sättigungsgrenze. Der Dynamikumfang reicht von -12 bis +3 und hat damit den Sensor mit 15 EV vollständig ausgenutzt. Praktisch nutzbar ist aber nur der Bereich von +3 bis ca. -5 oder -6 (also ca. 8 bis 9 EV). Im Raw Konverter (Lightroom, Camera Raw, …) lässt sich dieses Bild leicht bearbeiten, da alle Tonwerte vorhanden sind.
Unterbelichtung
Diese zweite Aufnahme entstand unmittelbar nach dem vorigen Bild. Ich hatte mich nur um 180° gedreht und in die Gegenrichtung fotografiert. Die Kamera stand aber noch im Messmodus „Highlight“. Da aber hier keine helle Lichtquelle wie die Sonne im Bild ist, ist dieser Messmodus hierfür nicht geeignet. Ich hätte auf „Multi“ umstellen müssen. Die Konsequenzen sind im Histogramm überdeutlich sichtbar:
Der maximale Tonwert im zweiten Grünkanal liegt bei 3042 (von 16384 verfügbaren Tonwertstufen). Das sind weniger als 20 % der verfügbaren Tonwerte! Durch die logarithmische Darstellung im ersten Diagramm hat man den Eindruck, dass es ja gar nicht so viel ist. Das liegt daran, dass hier die EV-Werte linar mit gleichem Abstand angezeigt werden. Die Belichtung ist aber nicht linear, sondern verdoppelt oder halbiert sich mit jedem Blendenwert, den wir an der Kamera nach oben oder unten verstellen. Im zweiten Diagramm ist diesmal die x-Achse mit den Tonwerten linear dargestellt und damit ist die EV-Werte Skala so dargestellt, wie sie tatsächlich ist. Da sieht man nun die Fehlbelichtung sehr deutlich.
Beispielbild von Ulrike Wiese
Das Bild entstand mit einer Fujifilm X-T10. Diese Kamera verwendet einen „Fujifilm-X-Trans-Sensor“, der vom üblichen Bayer Muster wesentlich abweicht. Die unterschiedliche Farbverteilung des Sensors im Vergleich zum Bayer Sensor ist auf der Wikipedia Seite zu sehen. Ein Farbpunkt auf dem Fujifilm Sensor besteht aus 3×3=9 Pixeln. Trotzdem werden im RawDigger nur drei Kanäle angezeigt (Begründung muss ich offen lassen). Beim Bayer Sensor sind es 2×2 Pixel. Hier werden wie oben gesehen alle vier Kanäle im RawDigger angezeigt.
Im RawDigger sehen wir, dass die Belichtung auch hier wieder perfekt gelungen ist. Eingestellt war an der Kamera „Multi Segment“ mit einer Erhöhung um 2/3 Blenden. Lediglich wenige Pixel in den Deckenleuchten liegen über der Sättigungsgrenze, was hier jedoch nichts Negatives ist. Die dunklen/mittleren Tonwerte wurden von der Ulrike so weit wie möglich angehoben, um dem Bild einen hellen Charakter zu verleihen. In den scheinbar schwarzen Flächen erkennt man noch sehr gut die Details.
Beispielbild von Konrad Römer
Nach Angabe von Konni wurde bei dem Bild mit dem Spotmeter direkt in die Sonne gemessen. Ich wäre da vorsichtig, um nicht den Belichtungssensor zu schädigen. Aber genau weiß ich es nicht. Ohne Belichtungskorrektur nach einer solchen Messung wird das Bild stark unterbelichtet, was ja sofort sichtbar wird. Es wäre bei der Belichtung auf die Sonne eine Korrektur von +4 bis +5 Blendenwerten notwendig gewesen. Im Raw-Histogrann ist auch bei beiden Bildern deutlich sichtbar, dass nur eine sehr geringe Überbelichtung vorhanden ist. Wenn direkte Sonne im Bild ist, darf das durchaus sehr viel mehr sein.
Beispielbild von Heiderose Detsch
Am zweiten Abend machten wir zuerst einige Beispielbilder vom Pflaster vor dem Haus. Ich habe bewusst ein kontrastarmes Motiv gewählt, anhand dessen wir drei unterschiedliche Belichtungen beurteilen wollten. Ich hatte in Bodennähe eine Belichtungsmessung mit dem Handbelichtungsmesser gemacht. Dabei waren ISO 200 eingestellt, da einige Kameras erst hier beginnen. Das ergab 1/60 s bei f/2,8. Geplant waren weitere 2 Aufnahmen mit 1/30 s bei f/2,8 und 1/15 s bei f/2,8 um die Belichtung weiter nach rechts zu verschieben. Heiderose hatte aber ihre erste Aufnahme im Modus „Blenden Priorität“ gemacht und die ISO Einstellung stand auf Auto. Hierfür belichtete die Kamera mit ISO 360 und 1/60 s bei f/2,8. Die nächsten Aufnahmen entstanden zwar im manuellen Modus mit 1/30 s und 1/15 s bei f/2,8, aber da ISO weiter auf Auto stand hat die Kamera die veränderte Belichtungszeiten mit niedrigeren ISO Einstellungen (160 bzw. 125) kompensiert. Trotzdem zeigen sich interessante Ergebnisse.
Die Panasonic DMC-FZ1000 hat einen 12 Bit Sensor, der pro Kanal 4096 Tonwerte wiedergeben kann. Der Messmodus an der Kamera war auf „Multi Segment“ eingestellt. Damit hat die Kamera bei allen drei Bildern nahezu perfekte Belichtungen erzeugt. Die erste und zweite Aufnahme sind nur ca. 1/6 Blende vom Sättigungspunkt entfernt und die dritte Aufnahme erreicht mit 3954 Tonwerten nahezu das theoretische Maximum von 4096 Werten.
Die Raw Entwicklung in Lightroom ist bei allen drei Bildern völlig problemlos, aber trotzdem gibt es erkennbare Unterschiede. Im Vergleich zur mittleren Aufnahme mit ISO 160 hätte die dritte Aufnahme mit ISO 80 erfolgen müssen, was die Kamera aber nicht kann (Standardeinstellung ist ISO 200). Deshalb ist die dritte Aufnahme um ca. 2/3 Blendenstufen heller belichtet. Im Histogramm von Lightroom kann man das sehr deutlich sehen (Vergleich der ersten Aufnahme mit der dritten; noch nicht entwickelt).
Betrachtet man die Bilder bei 100 % auf dem Monitor, ist im ersten Bild deutliches Rauschen sichtbar, während im dritten Bild davon nichts zu erkennen ist. Also maximale Belichtung nach rechts in den Bereich, in dem viele Tonwerte (hier 2048 von den 4096 des Sensors) differenziert werden können, lohnt sich.
Beispielbild von Bernhard Frischkemuth
Die Aufgabe war wieder gleich wie vorher, aber trotzdem gab es ein Kommunikationsproblem, da Bernhard nicht mitbekommen hat, dass die Blenden-/Zeiteinstellungen von 1/60 s, 1/30 s und 1/15 s jeweils bei Blende f/2,8 für ISO 200 gelten sollten. Er hat aber mit ISO 100 im manuellen Modus fotografiert (da hätte er aber 1/30 s, 1/15 s und 1/8 s einstellen müssen). Damit hat er im Vergleich zu den Bildern von Heiderose eine Unterbelichtung von einer Blendenstufe. Der Vergleich der drei Bilder im RawDigger zeigt denn auch deutlich die Unterbelichtung um eine Blende in der letzten Aufnahme. Im Bild 1 mit 1/60 s beträgt die Unterbelichtung insgesamt 3 Stufen, im zweiten Bild mit 1/30 s nur noch zwei Stufen und bei der dritten Belichtung mit 1/15 s noch eine Stufe. In allen drei Bildern sind aber weitere Peaks zum rechten Rand hin zu erkennen. Dies habe ich bisher noch nirgendwo so gesehen und habe im Moment auch keine Erklärung dafür.
Betrachtet man in Lightroom das Histogramm des unentwickelten Bilder, ist auch hier die Unterbelichtung deutlich zu sehen. Der Vergleich zeigt das Bild 1 mit 1/60 s und das Bild 3 mit 1/15 s jeweils bei Blende 2,8.
Betrachtet man das Bild in Lightroom nach einer automatischen Entwicklung, so sieht man bei einer Vergrößerung auf 100 % deutliche Qualitätsunterschiede zwischen dem dunkelsten Bild und dem hellsten (1/15 s Blende f/3,0). Obwohl das Bild immer noch um eine Blendenstufe vom Sättigungspunkt entfernt ist, ist die Qualität erkennbar deutlich besser. Die Aufnahmen wurden ohne Stativ gemacht, deshalb ist der Schärfepunkt und der Ausschnitt nicht identisch. Aber man sieht bessere Kontraste und einen deutlich klareren Bildeindruck im zweiten Bild. Das ist der Unterschied.